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11.1.2005   Bild

468 kB Wie BIO ist Hamburger Bio-Brot?

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Von ANJA WIEBERNEIT
Finkenwerder - Immer mehr Hamburger schwören auf Bio-Brot, weil's gesünder sein soll. Keine Chemie im Teig, keine Schadstoffe im Mehl, nur Natur im Brot.

Aber: Läßt sich das kontrollieren?

Wie bio ist unser täglich Bio-Brot wirklich?

BILD-Besuch bei Bäckermeister Willi Bahde (58) in Finkenwerder. Er war der erste Bäcker in Hamburg, der Mitte der 70er wieder Vollwert-Brote in den Ofen schob. Seit 1981 verarbeitet Bahde Produkte des Öko-Verbandes „Demeter". 1994 stellte er seinen Betrieb komplett auf „Demeter" um. ,Das war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe", sagt Bahde.

Heute ist er der größte Bio-Bäcker  Hamburgs.

15 Mann machen in der Backstube Schichtdienst. Bio-Teig braucht Zeit, manchmal über 30 Stunden. Bahde-Brote gibt es in Naturkostläden, Reformhäusern und auf Wochenmärkten. Insgesamt beliefern sie 170 Läden in und um Hamburg.

Am beliebtesten: „Finken", ein Sauerteigbrot mit schöner Kruste, das Willi Bahde nach seiner Heimat Finkenwerder benannt hat. „Mit ,Finken' machen wir 25 Prozent unseres Umsatzes, davon backen wir jeden Tag 800 bis 1000 Stück."

Welche Zusatzstoffe werden mit verarbeitet?

Bahde: ..Weizenkleber, Malz, Hefe. Aber alles biologisch hergestellt In einer Brotsorte ist Sirup. Das war's. Unser Mehl mischen wir selber."

Wie laufen die Kontrollen?

Bahde: „Die Prüfer aus Karlsruhe kommen einmal im Jahr, manchmal auch zwischendurch. Sämtliche Rechnungen werden durchgeguckt, wir müssen belegen, woher wir unsere Rohstoffe haben, von welchem Hof unser Mehl kommt. Alle Waren müssen eine Zertifizierungsnummer haben." Sein Bio-Konkurrent Thomas Effenberger (48, fünf Filialen, zwei Marktstände) aus  Rotherbaum geht noch einen Schritt weiter: Er sucht die Bauern, bei denen er Getreide kauft, persönlich aus. „Ich will wissen, was ich verarbeite. Darum gucke ich jeden Hof genau an. Wir haben sechs Lieferanten, alle aus der Region, jeder gehört zur Arbeitsgemeinschaft Ökologischer  Landbau."

Das Getreide mahlt Effenberger selbst.  „Das Brot wird viel lockerer, wenn erst direkt vor der Teigverarbeitung gemahlen wird", sagt er.

Kontrollen in seiner Bäckerei: ebenfalls mindestens einmal jährlich. Lager, Buchfaltung, Sortiment, Laborberichte, Herkunft der Rohstoffe - alles wird geprüft. Das Zertifikat hängt dann im Laden. Effenberger: „In unser Brot kommt nur Getreide, Sauerteig, Wasser und Meersalz. Mehr nicht."

Seit 1999 verkauft Effenberger in seinen Läden auch Brote von Bio-Bäcker Wolfgang  Wilhelm Springer (55, sechs Filialen) in Horn. Springer hat im Gegensatz zu Vollkornbäcker Effenberger auch Weißmehl-Produkte, die Sortimente ergänzen sich.

Der Grund, warum Springer Biobäcker wurde, ist besonders schön: „Ich wurde mit Ende 40 noch einmal Vater. Da überlegt man sich, wie man mit der Natur umgeht, und was man der Welt hinterlassen will."

Diese Qualität hat ihren Preis. Die verwendeten Rohstoffe, so Bahde, sind rund doppelt so teuer wie die für industriell gefertigtes Brot.